21. Bad Orber Gespräche über kontroverse Themen im Gesundheitswesen

Neuerungen im Krankenhaus- und Arzneimittelbereich zwischen Bedarf und Finanzierung

Berlin. Innovationen im ambulanten und stationären Sektor standen im Mittelpunkt der 21. Bad Orber Gespräche, zu der Bayer wieder Entscheider und Gestalter aus Politik, Selbstverwaltung und Wissenschaft eingeladen hatte. Marco Annas, Leiter Health Policy der Bayer Vital GmbH, formulierte an die Gäste den Wunsch nach einem unvoreingenommenen Blick auf das deutsche Gesundheitssystem, um dem Ziel einer besseren Versorgung der Patienten mit Innovationen noch näherzukommen.

 

21_BadOrber.jpg In seiner Begrüßungsrede vor rund 60 Experten ging Marco Annas auf die Ergebnisse des 2-jährigen Pharmadialoges der Bundesregierung ein. Dessen Ziele klangen vormals sehr gut und aus dem Dialog seien sinnvolle Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln abgeleitet worden. Doch mit dem Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV (AMVSG) sei die Zuversicht aus dem Pharmadialog der Ernüchterung gewichen. „Dieses Gesetz ist eben kein Stärkungsgesetz für Arzneimittel, sondern ein enttäuschender Gesetzentwurf“, so sein kritisches Fazit. An vielen Stellen sei das Gesetz noch zu unkonkret und setze beispielsweise bei der freien Preisbildung kontraproduktive Signale. Wirkliche Verbesserungen darin wären homöopathisch.

 

Diskussionsbedürftige Punkte aus dem AMVSG

Professor Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses, stellte eine Vielzahl von Problemen im Gesetzentwurf (AMVSG) zur Diskussionen. Ob beim Evidenztransfer, bei der Dossierpflicht oder bei der Umsatzschwelle seien Nachjustierungen angebracht. Der CDU-Berichterstatter für Arzneimittel, Michael Hennrich erklärte seine Sicht zu diversen Regelungen aus dem Gesetzentwurf, der am 10.11.2016 in Erster Lesung beraten wurde. Bei der Nutzenbewertung des Bestandsmarktes erläuterte Hennrich, dass Konsens in der Koalition sei, weder einen umfassenden Aufruf noch einen Bestandsmarktaufruf „durch die Hintertür“ zuzulassen. Hier werde man sich darum kümmern, dass eine rechtssichere Regelung im Gesetz gefunden werde.

 

Der vfa-Vorsitzende Han Steutel (Bristol-Myers Squibb) ging unter anderem auf ein Problem in der Nutzenbewertung ein, über das viel zu wenig gesprochen werde: Gründe für einen fehlenden Zusatznutzen wären in den allermeisten Fällen (75 %) formaler Natur aufgrund eines unvollständigen Dossiers. Nur in der Minderzahl (13 %) sei fehlende Evidenz der Grund dafür, dass kein Zusatznutzen attestiert wurde. Steutel mahnte, dass es gut sei, in einer Fortsetzung des Pharmadialoges weiter miteinander zu sprechen, um zu noch besseren Lösungen in der Arzneimittelversorgung zu kommen.

 

Alle waren sich aber einig, dass sich das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) grundsätzlich bewährt habe, allerdings seien sinnvolle Nachjustierungen von Nöten. Die Referenten und Gäste zögerten nicht, klare Positionen zu beziehen und Kontroversen auszutragen. Die Bad Orber Gespräche lebten wieder von interessanten Vorträgen, renommierten Referenten und offener Diskussion.

„Bad Orber Gespräche“: Tradition und Moderne

Die gesundheitspolitische Gesprächsrunde der Bayer Vital GmbH findet jährlich im November statt. Sie wurde 1995 in dem gleichnamigen hessischen Kurort ins Leben gerufen. Seit 2007 lädt die Abteilung Health Policy gemeinsam mit dem Krankenhauskonzern Vivantes Gesundheitsexperten und Entscheider nach Berlin ein, um aktuelle Entwicklungen in der Gesundheitspolitik offen zu diskutieren. Auch in diesem Jahr hatte Professor Dr. Eberhard Wille, stellvertretender Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, wieder den wissenschaftlichen Vorsitz.