24. Bad Orber Gespräche

Herausforderungen des medizinischen Fortschritts im Krankenhaus- und Arzneimittelbereich

Berlin. Während der Gesundheitsminister ein Gesetz nach dem anderen auf den Weg bringt und die Große Koalition zeitgleich ihre Halbzeitbilanz zieht, diskutierten Experten und Entscheider aus Politik, Selbstverwaltung und Wissenschaft bei den diesjährigen „Bad Orber Gesprächen“ kontrovers die Inhalte sowie die Auswirkungen dieser Reformen auf den medizinischen Fortschritt im Krankenhaus- und Arzneimittelbereich.

 

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Dr. Gisbert Kleeff und
Rolf Reher mit - von
links nach ​​rechts -
Han Steutel,
Prof. Eberhard Wille,
Dr. Antje Haas,
Michael Hennrich, MdB
und Prof. Bernhard
Wörmann.

In seiner Begrüßungsrede ging Dr. Gisbert Kleeff, Geschäftsführer Bayer Vital, konkret auf zwei Schwerpunktthemen ein: Zum einen appellierte er im Hinblick auf die Importförderung an die Rahmenvertragspartner, Deutscher Apothekerverband und GKV-Spitzenverband, das neue Regelwerk auf seine Schwachstellen hin zu überprüfen, um dem überproportionalen Wachstum der Arzneimittelimporte Einhalt zu gebieten. Die aktuelle Marktentwicklung stünde dem politischen Willen diametral entgegen, führe zu einer Verschlechterung der Arzneimittelsicherheit und berge erhebliche Risiken für eine stabile Versorgungslage im In- und Ausland, ganz zu schweigen von einer großen Verunsicherung der Patienten in den Apotheken.


Zum anderen lenkte Kleeff den Fokus auf die Präzisionsonkologie. Derartige Medikamente sind als Chance für eine bessere Patientenversorgung anzusehen. Das AMNOG-System ist darauf allerdings noch nicht vorbereitet. Kleeff mahnte: „Hier muss das AMNOG Brücken bauen und Lösungen finden, vor allem, weil der Innovationscharakter solcher Therapien nachweisbar ist. Dafür sprechen hohe Ansprechraten und eine gute Verträglichkeit dieser Arzneimittel, sowohl für Kinder als auch Erwachsene. Im Interesse der Patienten müssten alle Beteiligten aufeinander zugehen, um der Präzisionsonkologie eine adäquate Chance im deutschen Erstattungssystem zu geben und solchen Therapien durch den Formalismus hindurch einen Weg in die Versorgung zu ermöglichen.“

 

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Themenfelder, die gesundheitspolitisch im Zentrum stehen
An beiden Tagen der Dialogveranstaltung haben maßgebliche Akteure aus der gemeinsamen Selbstverwaltung, aus der Wissenschaft und der Pharmaindustrie vor rund 90 Gästen Impulse gesetzt und Positionen ausgetauscht. Verbindendes Thema war diesmal die voranschreitende Digitalisierung im Gesundheitswesen, anschaulich dokumentiert an den Fortschritten beim elektronischen Rezept oder der elektronischen Patientenakte.

Wie innovationsoffen das deutsche Gesundheitswesen tatsächlich ist, erörterte Han Steutel, Präsident des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller. Er machte zugleich deutlich, dass die hohe Innovationsdynamik der letzten Jahre bei der Entwicklung neuer Medikamente nicht zu einer Kostenexplosion in der gesetzlichen Krankenversicherung geführt habe. Handlungsbedarf stellte er insbesondere bei der stationären Erstattung von innovativen Arzneimitteln und bei der AMNOG-Methodik fest, die im internationalen Vergleich immer noch zu restriktiv sei.  

In vielen Diskussionsrunden wurden die Positionen der Referenten aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und bewertet. Die Bad Orber Gespräche widerspiegelten wieder einmal die große Bandbreite unterschiedlicher Standpunkte und die Veranstalter zeigten sich sehr zufrieden über den Ausgang des hochkarätigen Expertenworkshops.

Kontrovers seit 24 Jahren: Die „Bad Orber Gespräche“

Die gesundheitspolitische Gesprächsrunde der Bayer Vital GmbH findet jährlich im November statt. Sie wurde 1995 in dem gleichnamigen hessischen Kurort ins Leben gerufen. Seit 2007 lädt die Abteilung Health Policy gemeinsam mit dem Krankenhausunternehmen Vivantes Gesundheitsexperten nach Berlin ein, um aktuelle Entwicklungen in der Gesundheitspolitik zu diskutieren. Als Schirmherr der Veranstaltung fungiert Professor em. Dr. Eberhard Wille.