25. Bad Orber Gespräche
Nach der Regierungsbildung: Signale für Reformen im Krankenhaus- und Arzneimittelbereich
Mit viel Schwung begann die Ampel-Koalition vor nunmehr fünf Monaten ihren Weg in Richtung „Aufbruch und Erneuerung“ zu beschreiten. Von ruhigem Fahrwasser kann dabei angesichts der krisengeprägten letzten Monate allerdings keine Rede mehr sein. Knappe Kassen auch infolge von Krieg und Inflation setzen die gesetzliche Krankenversicherung finanziell weiter unter Druck. Aber auch unabhängig davon besteht Reformbedarf – darin waren sich die 70 Expert*innen aus Politik, Selbstverwaltung und Wissenschaft bei den diesjährigen 25. „Bad Orber Gesprächen“ einig. Zwei Tage lang wurde kontrovers über die Ausgestaltung dieser Reformen im Krankenhaus- und Arzneimittelbereich diskutiert.
Die Diskussionen standen dabei insbesondere im Kontext der Sparpläne des Bundesgesundheitsministeriums im Arzneimittelbereich, deren konkrete Ausgestaltung mit großer Spannung erwartet wird. Einseitige Kostendämpfungsmaßnahmen zu Lasten der pharmazeutischen Industrie wären dabei ein „verheerendes Signal“ – wie Dr. Daniel Steiners, Geschäftsführer der Bayer Vital, in seiner Begrüßungsrede bemerkte. “Wem politisch zu einer dynamischen Innovationsbrache wenig anderes einfällt, als Pauschalstrafen zu verhängen, steht für vieles – aber sicher nicht für mehr Fortschritt“, konstatierte Steiners und appellierte an die Politik, ausbalanciert vorzugehen und den Solidarbeitrag auf viele Schultern zu verteilen.
Kostendämpfungsmaßnahmen im Zentrum der Diskussionen
Boris Velter, Leiter der Leitungsabteilung im BMG, rechtfertigte die geplanten Einsparungen bei den Leistungserbringern. Noch werde an den Details des Gesetzes gearbeitet. Klar sei aber, dass dem Milliarden-Defizit nur mit einem Bündel von Maßnahmen begegnet werden könne. Dabei seien auch Beitragserhöhungen wahrscheinlich. Das Milliardenloch in der GKV beschäftigte auch Prof. Josef Hecken, Unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses. In seiner unterhaltsamen Rede legte er die Widersprüchlichkeiten der geplanten Einsparmaßnahmen des BMG offen: Zwar hält er einige der Maßnahmen grundsätzlich für gerechtfertigt. Gleichzeitig verkleinern die darüber generierten Einsparungen das Finanzierungsproblem der GKV nur minimal.
Einzigartigkeit des Formats
In den zwei Tagen der Dialogveranstaltung wurde über eine Reihe weiterer gesundheitspolitischer Themen debattiert. So bildeten die Chancen der Digitalisierung des Gesundheitswesens einen weiteren Schwerpunkt. Die verschiedenen Blickwinkel der hochkarätigen Referent*innen und die Diskussionsfreude der Teilnehmer*innen ermöglichen eine große Bandbreite an Standpunkten und machen die Bad Orber Gespräche so zu einer einzigartigen Veranstaltung in der Berliner Gesundheitspolitik. Umso zufriedener waren die Veranstalter, dass der Expertenworkshop nach zweijähriger pandemiebedingter Pause wieder erfolgreich durchgeführt werden konnte.
Kontrovers seit 25 Jahren: Die „Bad Orber Gespräche“
Die gesundheitspolitische Gesprächsrunde der Bayer Vital GmbH findet einmal jährlich statt. Sie wurde 1995 in dem gleichnamigen hessischen Kurort durch die Schering GmbH ins Leben gerufen. Seit 2007 lädt die Abteilung Health Policy der Bayer Vital GmbH gemeinsam mit dem Krankenhausunternehmen Vivantes Gesundheitsexpert*innen nach Berlin ein, um aktuelle Entwicklungen in der Gesundheitspolitik zu diskutieren. Als Schirmherr der Veranstaltung fungierte letztmalig Prof. Dr. Eberhard Wille. Neuer Chairman ab 2023 ist der Volkswirt Prof. Dr. Volker Ulrich (Universität Bayreuth).